Ein Chef stellt sich

Ingo Stockhausen, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Oberberg mit Schülerinnen

WIEHL. Gespannt sitzen 17 Mädchen und ein Junge vom Kurs Praktische Philosophie Klasse 9 im Konferenzraum der Realschule. Ingo Stockhausen ist gekommen, der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Oberberg eG. Der Schüler und die Schülerinnen sind gut vorbereitet. Sie wissen über Friedrich Wilhelm Raiffeisen Bescheid und über Adele Spitzeder, die Gründerin der Spitzeder’schen Privatbank. Von Stockhausen erwarten sie Antworten auf Fragen nach der besonderen Zielsetzung einer Genossenschaftsbank in Abgrenzung zu einer Privatbank. Dabei begnügen sie sich nicht mit einer offiziellen Verlautbarung, sondern erwarten auch eine persönliche Stellungnahme.

Nach Stockhausen steht bei einer Genossenschaftsbank der Kundenbedarf im Vordergrund, nicht die Gewinnmaximierung des Unternehmens. Hilfe zur Selbsthilfe stand bei Raiffeisen im Vordergrund und diesem Ziel fühle sich die Volksbank auch heute noch verpflichtet.

„Wer bekommt einen Kredit?“ möchte eine Schülerin wissen. „Derjenige, bei dem wir davon ausgehen können, dass er ihn zurückzahlen kann“, ist Stockhausens Antwort. „Wir wollen nicht, dass er sich ruiniert oder der Bank Schaden zufügt.“

Natürlich wird auch die Frage nach den Ursachen der Finanzkrise gestellt. „Gier frisst Hirn“, erklärt Stockhausen. Er spricht über das Streben nach einer maximalen Rendite und die Immobilienkrise in den USA mit ihren globalen Folgen. Dabei erfahren die jungen Leute auch etwas über den Unterschied zwischen amerikanischer und deutscher Mentalität.

Auf schwieriges Gebiet begibt man sich, als die Frage nach Arm und Reich gestellt wird. „Wie soll das weitergehen?“ „Die Reichen werden den Ärmeren abgeben müssen, damit der Deckel auf dem Topf bleibt und es nicht brodelt“, meint Stockhausen. Dann wird er philosophisch: „Wenn wir von unserem Reichtum abgeben, kann es sein, dass unser Wohlstand wächst.“

Schnell sind 45 Minuten um. Keiner drängt in die Pause. Ingo Stockhausen hat es verstanden, die Scheu vor dem großen Chef abzubauen und den Blick über den Tellerrand schweifen zu lassen.